In Japan sind Pilgerreisen sehr beliebt und man findet hier viele Routen, die man ganz oder auch teilweise begehen und damit tief in die Kultur eintauchen kann.
Die Pilgerreisen haben ihren Ursprung in der Nara-Zeit (710 bis 794), wurden jedoch erst in der Heian-Zeit, die bis ins 12. Jahrhundert andauerte, so richtig populär. Die meisten der heute genutzten Wege stammen dagegen aus der Edo-Zeit (1603 bis 1868), wo alle Bevölkerungsschichten pilgerten, auch Aristokraten und Mitglieder der Kaiserfamilie.
Pilgern ist in Japan sehr beliebt und man muss hierfür nicht unbedingt religiös sein. Hier wandelt man auf den Spuren buddhistischer Mönche und entdeckt entlegene Tempel und Schreine inmitten verwunschener alter Wälder.
Heute gibt es drei besonders bekannte Pilgerrouten: die 88 Tempel auf der Insel Shikoku, die diversen Pfade des Kumano Kodo und Dewa Sanzan, die drei heiligen Berge in der nördlichen Tohoku Region.
1. Die 88 Tempel des Shikoku Pilgerweges
Der Shikoku Pilgerweg, auch Shikoku Henro genannt, verläuft in einem Kreis mitten um die gleichnamige Insel, welche die kleinste von Japans vier Hauptinseln ist. Die gesamte Route umfasst 88 „offizielle“ Tempel und zahlreiche weitere heilige Stätten, in denen der buddhistische Priester Kobo Daishi im 9. Jahrhundert ausgebildet wurde oder seine Zeit verbrachte.
Kobo Daishi war der Begründer der Shingon-Schule des Buddhismus und ist somit eine der einflussreichsten spirituellen und religiösen Persönlichkeiten des Landes. Nachdem er einige Zeit in China verbracht hatte, kehrte er nach Japan zurück und trug zur Entwicklung des Koyasan bei. Dieser heilige Berg mit einer großen Tempelanlage in Wakayama ist auch für den Kumano Kodo Pilgerweg und den Dewa Sanzan von höchster Bedeutung. Kobo Daishi verbreitete seine Lehren jedoch auch in der Shikoku Region.
Die gesamte Strecke ist über 1.200 Kilometer lang. Dementsprechend lange muss man dann auch wandern, nämlich ca. 6 Wochen, wenn man im Schnitt 30 Kilometer pro Tag läuft. Viele Japaner*innen teilen sich den Weg auch auf und kommen jedes Jahr wieder, um ein weiteres Stück zu gehen. Einige Pilger wechseln sich auch ab mit Wandern, Zug und Bus fahren oder gar Radfahren, um die ganze Strecke zurückzulegen.
2. Die Pilgerwege des Kumano Kodo
Menschen aus allen Gesellschaftsschichten pilgern seit über 1000 Jahren nach Kumano, auf diversen Wegen der Kii-Halbinsel, welche man als Kumano Kodo zusammenfasst. Die heiligen Stätten, die gemeinsam als Kumano Sanzan bekannt sind, sind der Kumano Hayatama Taisha Schrein, der Kumano Nachi Taisha Schrein (und der benachbarte Tempel Nachisan Seiganto-ji) sowie der Kumano Hongu Taisha Schrein.
Im Juli 2004 wurden die Kumano-Kodo-Pilgerrouten als Teil der „Heiligen Stätten und Pilgerrouten im Kii-Gebirge“ in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Das Gebiet umfasst den Kumano Sanzan und den Koyasan in der Präfektur Wakayama sowie Yoshino und Omine in der Präfektur Nara. Ein interessanter Fakt ist auch, dass der Kumano Kodo und der Jakobsweg die einzigen Pilgerrouten der Welt sind, welche von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden.
Die vier Hauptrouten sind der Nakahechi, welcher auch der primär genutzte Wanderweg heutzutage ist, der Ohechi, Kohechi und die Iseji-Route. Zudem gibt es noch die weniger bekannte Choishi-michi-Route, sowie die Yoshino & Omine-Route, welche nur für sehr erfahrene Wanderer geeignet ist.
3. Dewa Sanzan – die drei heiligen Berge in Tohoku
Der Dewa Sanzan liegt in der Mitte der Präfektur Yamagata und ist der Sammelname für die drei heiligen Berge der ehemaligen Dewa-Provinz: der Berg Haguro, der Berg Gassan und der Berg Yudono. Alle haben einen Schrein auf oder in der Nähe ihres Gipfels und sie stehen für Geburt, Tod und Wiedergeburt.
Der Berg Haguro (414 Meter) repräsentiert die Gegenwart, wo die Gläubigen um Belohnungen in diesem Leben beten. Der Berg Gassan (1.984 Meter) steht für die Vergangenheit, wo man die Geister seiner Vorfahren besänftigen kann. Und schlussendlich steht der Berg Yudono (1.504 Meter) für die Zukunft, wo man für die Wiedergeburt in einem zukünftigen Leben beten kann.
Diese drei heiligen Berge werden seit über einem Jahrtausend von den Mönchen, besser bekannt als Yamabushi, auf ihrer Pilgerreise aufgesucht. Im alten Shugendo-Glauben, in dem sich unter anderem Elemente des Buddhismus, des Shintoismus und des Taoismus vereinen, werden die Berge als Wohnsitz der Götter (Kami) und des Buddhas angesehen.