Kyoto ist bekannt für die vielen alten Straßen und das feudale Flair, aber auch abseits der ehemaligen Kaiserstadt findet man wunderschöne traditionelle Viertel.
Wer in Japan auf der Suche nach Altstädten und traditioneller Architektur ist, merkt oft sehr schnell, dass diese nicht immer so leicht zu finden sind. Denn oftmals fügen sich alte Häuser vereinzelt inmitten von modernen neuen Gebäuden. Wie auch bei vielen Burgen, Tempeln und Schreinen liegt das Problem dabei in der Bauweise: Im Gegensatz zu europäischen Bauwerken bestehen alte japanische Gebäude vor allem aus Holz und sind dementsprechend anfällig für Brände und Naturkatastrophen wie Erdbeben.
Zudem müssen gerade in den Städten immer mehr alte und oft baufällige Häuser modernen Exemplaren weichen, sodass ganze historisch anmutende Straßenzüge eine Besonderheit in Japan darstellen.
Kyoto ist besonders bekannt für die traditionellen Fassaden und einige der dortigen Straßen werden liebevoll in ihrem historischen Stil erhalten, aber auch abseits der bekannten einstigen Kaiserstadt findet man ein paar Orte, die auch heute noch mit ihren traditionellen Vierteln beeindrucken:
1. Bikan Viertel in Kurashiki, Okayama
In der Stadt Kurashiki befindet sich dem dortigen Bikan Viertel ein verstecktes Highlight der Präfektur Okayama. Im 17. Jahrhundert wurde hier reger Handel betrieben und der dortige Kanal wurde vielfach zum Transport von Gütern genutzt. Heute ist das Viertel eine Attraktion der Stadt und besticht durch das historische Flair der vielen liebevoll restaurierten Gebäude. Einige davon waren einst Lagerhäuser und sind heute Museen und Cafés.
Neben dem malerischen Kanal, der sich durch das Viertel zieht und an dem man bereits einige wunderschöne Fassaden findet, bestechen auch die umliegenden kleinen Straßen mit traditioneller Optik. Hier wurde bewusst das dortige Stadtbild erhalten und Telefon sowie Stromleitungen weitgehend unterirdisch verlegt, sodass man sich wirklich ein wenig in die Edo-Zeit zurückversetzt fühlt.
Kurashiki wird wegen des Kanals auch gerne das „kleine Venedig Japans“ genannt und man kann bei einem Besuch auch auf kleinen Booten durch den Kanal fahren. Bikan selbst bedeutet so viel wie „schöner Ausblick“ und wird dem traditionellen Flair der Gegend auf jeden Fall gerecht. Die Stadt ist nur eine kurze Fahrt von Okayama entfernt und lohnt sich damit perfekt für einen kurzen Abstecher.
2. Das „kleine Edo“ in Kawagoe, Saitama
Nur eine halbe Stunde Zugfahrt von Tokyo entfernt findet man mit der kleinen Stadt Kawagoe ein perfektes Ausflugsziel, wenn man auf der Suche nach traditionellen Straßenzügen ist. Einst war die Stadt durch die Nähe zur Burg Edo ein wichtiges politisches und auch militärisches Machtzentrum. Auch der Handel blühte hier und viele der Bauten aus dieser Zeit nicht heute erhalten und bilden das sogenannte „Koedo Kawagoe„, den Altstadtteil der Stadt.
Besonders beliebt ist dabei die Gegend „Kurakuzuri“, in der sich die meisten gut erhaltenen ehemaligen Lagerhäuser (jap. kura) befinden. In mehreren Straßen kann man hier an den historischen Gebäuden vorbeischlendern, die meisten von ihnen sind Souvenirshops, Cafés und Restaurants. Oft kann man sich hier durch lokale Leckereien „durchprobieren“ und traditionelles japanisches Streetfood genießen.
Ein besonderes Highlight ist hier auch der toki no kane, ein Glockenturm aus der Edo-Zeit, welcher gleichzeitig eine der Besonderheiten Kawagoes darstellt und zu den bekanntesten Fotomotiven zählt. Auch die hier zu findende traditionelle Starbucksfiliale ist ein beliebtes Touristenziel in Kawagoe. Wer auf der Suche nach einem hübschen historischen Viertel ist, wird bei einem Tagesausflug von Tokyo aus auf jeden Fall in Kawagoe fündig.
3. Higashi Chaya Distrikt in Kanazawa, Ishikawa
Die Stadt Kanazawa befindet sich an der Westküste Japans und ist durch Shinkansen- und Expresszüge direkt an die Metropolen Tokyo und Kyoto angebunden. Einst regierte hier der mächtige Maeda Clan, eine der einflussreichsten Samuraifamilien ihrer Zeit. Dadurch und auch aufgrund der Tatsache, dass Kanazawa von Krieg und Naturkatastrophen weitgehend verschont wurde, konnte sich hier eine blühende Kultur entwickeln, deren Erbe man bis heute findet.
Bis heute findet man hier noch drei sehr gut erhaltene Geisha-Bezirke, die auch „Chaya“ genannt werden. Der Begriff bedeutet schlicht „Teehaus“ und genau diese bilden die wunderschönen traditionellen Fassaden. Der bekannteste Geisha-Bezirk ist der Higashi Chaya, in welchem sich noch heute eine aktive Geisha Schule befindet. Eines der ehemaligen Geisha Häusern ist heute ein kleines Museum und lässt Besucher*innen in den Alltag einer Geisha eintauchen.
In den traditionellen Straßen befinden sich viele kleine Geschäfte, Cafés und Restaurants. Die aktiven Teehäuser können nicht einfach besucht werden, sondern sind ausschließlich den Gästen dieser Einrichtungen vorbehalten. Es werden aber teilweise Geisha Vorführungen für die Öffentlichkeit angeboten, an denen man teilnehmen kann. Zudem bietet die Stadt noch viele weitere Sehenswürdigkeiten, wie den wunderschönen Landschaftsgarten Kenrokuen oder die Burg Kanazawa.
4. Poststation Narai-juku, Nagano
In der Präfektur Nagano findet man ein weiteres wunderschönes traditionelles Viertel. Narai-juku ist eine ehemalige Poststation auf der Nakesando Route, eine der wichtigsten Handelsstraßen der Edo-Zeit, die Kyoto und Tokyo (Edo) miteinander verband. Da das vorherrschende Tokugawa Shogunat den Handel streng regulierte, war das Reisen für die einfache Bevölkerung nur zu Fuß gestattet, sodass entlang der Handelsrouten unzählige kleine Orte, sogenannte Poststationen (juku) entstanden, um Reisende mit Unterkunft und Proviant zu versorgen.
Die gut erhaltenen historischen Gebäude in Narai-juku wurden als Kulturerbe anerkannt und stehen unter besonderem Schutz. In einigen der traditionellen Häuser kann man sogar übernachten und sich dabei wie in der Zeit zurückversetzt fühlen. Daneben gibt es natürlich auch eine Vielzahl von kleinen Geschäften, sowie Teehäuser, Cafés und Restaurants. Narai-juku ist mit lokalen Zügen zu erreichen, von Matsumoto aus fährt man beispielsweise etwa 50 Minuten mit dem Zug.
5. Sanmachi Suji Distrikt in Takayama, Gifu
Das letzte Ziel für alle, die gerne auf eine Zeitreise in die japanische Vergangenheit gehen wollen, liegt mitten in den Bergen der Präfektur Gifu. Der Sanmachi Suji Distrikt in der Stadt Takayama und besticht mit traditionellen Fassaden und kleinen Gassen. Neben den typischen kleinen Souvenirläden und Restaurants finden sich hier vor allem viele Sake Läden, die man an den vor dem Laden aufgehängten sugidama erkennt, aus Zedernadeln gefertigte Bälle, die schon in der Edo-Zeit draußen platziert wurden, um damit anzugeben, dass es hier frischen Sake gibt.
Noch mehr traditionelle Gebäude finden sich im Hida no Sato, einem Freilichtmuseum am Rand der Stadt, in welchem man die für die Gegend typische Architektur von Bauernhäusern bestaunen kann. Diese wurden so konzipiert, dass sie auch den für die Gegend typischen starken Schneefällen standhalten konnten. Takayama liegt an einer Bahnstrecke und kann a schnellsten vom nächsten größeren Bahnhof in Toyama erreicht werden.
Wer nicht genug von historischen Gegenden bekommen kann und dabei abseits der üblichen Attraktionen in Kyoto reisen möchte, findet in der Stadt Hagi in Yamaguchi ebenfalls ein spannendes Reiseziel.