Omoide Yokocho, was soviel wie „Erinnerungsstraße“ bedeutet, ist ein dichtes Gedränge von etwa sechzig kleinen Bars und Restaurants in Shinjuku, die durch schmale Gassen miteinander verbunden sind. Die Luft ist voll mit Rauch, der aus offenen Fenstern aufsteigt, wenn Yakitori gegrillt wird.
Yoji kam nach dem Krieg hierher, in den frühen 1950er Jahren. „Damals war ich ein junger Mann“, sagt er. „Ich hatte gerade meinen ersten Job angefangen. Irgendwie fühlt es sich immer noch genauso an“, sagt Yoji. „Können wir essen?“ Wir können, und mit dem bestellten Yakitori und Mugi Shochu lehnt sich Yoji zurück und beginnt, mir Geschichten über Shinjukus Showa-Vergangenheit zu erzählen.
Der Ursprung der Memory Lane
Obwohl es ein moderner Name ist, hat die Memory Lane ursprüngliche Wurzeln, die bis in das Tokyo der Nachkriegszeit in den 1940er Jahren zurückreichen, als sie noch der Standort für Straßenhändler und Schwarzmarkthändler war. Als sich das Gebiet zu einem Barviertel entwickelte, begannen sich dauerhaftere Strukturen zu bilden, die oft nur durch eine einzige Holzplatte getrennt waren. Diese Strukturen hielten bis 1999, als ein Feuer das Gebiet zerstörte und das Labyrinth wieder aufgebaut werden musste. Hierbei wurde der Name „Memory Lane“ geprägt.
Wie kommt man zu Shinjukus Memory Lane?
Die Omoide Yokocho in Shinjuku ist leicht zu finden: Verlasse den Ostausgang der JR Shinjuku Station und gehe auf der linken Seite in Richtung des großen Video-Bildschirms des Studios Alta. Bevor du die Straße erreichst, siehst du auf der linken Seite eine Fußgängerunterführung. Folge dieser, und sie führt dich direkt zum Eingang, erkennbar an den grünen Neonschildern oberhalb der Gassen. Auf der Website von Omoide Yokocho findest du eine sehr nützliche Karte, auf der jede Einrichtung nach Nummer aufgeführt ist.
Man sollte die Gegend auf jeden Fall abends oder nachts besuchen, außer natürlich man ist mit Familie und kleinen Kindern unterwegs. Tagsüber haben bei weitem nicht alle Restaurants geöffnet und außerdem fehlt bei Sonnenlicht die für die Gegend so typische Atmosphäre. Für ein gemütliches Mittagessen empfehlen sich also andere Orte in Tokyo.
Der Rauch und der Lärm sind hier Teil des Charmes, weswegen man doch eine gewisse Toleranz mitbringen sollte – auch was Menschenansammlungen betrifft. Edel oder in Ruhe und Stille zu Abend essen kann man hier eindeutig nicht, viel mehr bietet dieser Teil von Shinjuku die ganze Ladung an Charme von schrulligen Kneipen und kleinen Imbissständen.
Essen und Trinken
Sake, auch Nihonshu genannt, ist das berühmteste Getränk Japans, und im Daikokuya gibt es über 150 verschiedene Sorten aus ganz Japan. Eine besondere Empfehlung des Lokals ist dabei süßer Sake. Die Mama-san (Besitzerin) sucht auf Wunsch gerne etwas Passendes zum Essen aus, sodass man hier gegrillten Fisch, Yakitori (gegrillte Hühnerspieße) und Tempura (frittiertes Gemüse und Fisch) genießen kann.
Bis zum Brand im Jahr 1999 gab es keine öffentlichen Toiletten für die Kund*innen. Heute bietet die mittlere Gasse öffentliche Toiletten. Möglicherweise musst du dabei über einen Mann steigen, der auf dem Boden zusammengebrochen ist, aber keine Sorge, er wird rechtzeitig nüchtern genug sein, um den letzten Zug nach Hause zu nehmen. Noch einmal, die Atmosphäre hier ist besonders, vielleicht ein wenig anders.
Und jetzt: einfach genießen!
Am besten startet man einen Besuch damit, durch die schmalen Gassen von Shinjukus Memory Lane zu gehen und dabei die besondere Atmosphäre einfach einmal auf sich wirken zu lassen. Bei der Wahl des Restaurants solltest du dann schließlich einfach auf dein Bauchgefühl hören. Einige der Lokale haben englische Speisekarten, aber auch ohne Japanischkenntnisse wird man sicherlich ebenfalls fündig und lässt sich notfalls einfach etwas empfehlen.
Wer also etwas Besonderes erleben und den zugegeben rauen Charme eines Viertels voller Bars und Lokale in einem von Tokyos lebhaftesten Bezirken genießen möchte, der ist in Omoide Yokocho in Shinjuku bestens aufgehoben.
Wenn du es lieber süß magst, dann reizen dich in Tokyo vielleicht eher Totoro Windbeutel.