Obwohl Japan weltweit für Matcha und weitere Arten von grünem Tee bekannt ist, besitzt es auch eine weit verbreitete Kaffeekultur. Das Kissaten (jap.: 喫茶店) ist ein japanisches Teehaus, welches gleichzeitig auch ein Café ist, in dem man die japanische Kaffekultur erleben kann.
Die Atmosphäre in einem Kissaten unterscheidet sich jedoch deutlich von einem normalen Café. Die Läden sind von traditionellen Teehäusern inspiriert, die zu einer Zeit gebaut wurden, als der Westen einen starken Einfluss auf die japanische Kultur hatte. Es sind ruhige Orte mit traditionellem, etwas rustikalem Ambiente. In Japan gibt es besonders in größeren Städten viele solcher Kaffeehäuser, in denen man die einzigartige Atmosphäre genießen kann.
Geschichte der japanischen Kissaten
Ihren Ursprung haben die Kissaten in der japanischen Teezeremonie. Die Wörter 喫 (kitsu, konsumieren) und 茶(sa, Tee) werden zusammengefügt zu kissa. Es bedeutet nicht nur, dass man Tee trinkt, sondern soll auch zum Ausdruck bringen, dass man ihn genießen soll. Später wurde der Begriff nicht nur für Tee, sondern auch für Kaffee genutzt. Ein Kissaten ist demnach ein Ort, an dem man Kaffee und Tee genießen kann.
Die ersten Cafés in Japan wurden nach dem Vorbild westlicher Cafés gebaut. Dort trafen sich Künstler oder Poeten, um über Themen rund um ihre Werke zu diskutierten, während sie eine Tasse Kaffee genossen. Zunächst war diese Art Café in Japan nicht besonders beliebt, nach dem Ersten Weltkrieg jedoch wurde Japan als internationaler Wirtschaftsakteur immer wichtiger. Hierdurch wurde der westliche Einfluss in Japan größer und der Import von Produkten nahm zu, so auch der von Kaffeebohnen. Es entstanden immer mehr Cafés, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuten. Diese entwickelten sich in zwei Richtungen: Viele erweiterten ihr Sortiment, aus ihnen wurden beispielsweise Bars, in denen nicht nur Kaffee, sondern auch Alkohol ausgeschenkt wurde.
Die Kissaten jedoch legten ihren Schwerpunkt auf die Kaffeekultur. Die meisten entstanden in der Showa Ära (1926–1989). Sie nahmen westliche Cafés als Beispiel und fügten traditionell japanische Elemente hinzu. Neben Kaffee werden auch weitere Getränke und leichte Speisen, jedoch kein Alkohol verkauft. Das erste Kissaten wurde im Tokyoter Stadtteil Ueno eröffnet, als Kaffee noch als Luxusgut galt. Mit steigender Beliebtheit und sinkenden Preisen eröffneten immer mehr Cafés dieser Art und erfreuten sich bald großer Beliebtheit.
Atmosphäre in einem Kissaten
In den 1990er Jahren wurden moderne Cafés immer populärer, die Nachfrage nach Kissaten sank und die Eröffnung neuer Geschäfte wurde selten. Aus diesem Grund werden die heute noch verbliebenen Läden oft von der älteren Generation geführt und die Geschäfte haben ihr ursprüngliches Erscheinungsbild beibehalten. Daher besteht eine leicht altmodische und zugleich nostalgische und entspannte Atmosphäre. Man findet teilweise alte Lampen, Kaffeemühlen oder andere Antiquitäten, die die Showa Zeit widerspiegeln. Die angebotenen Getränke und Speisen werden üblicherweise in aufwendig verzierten Porzellangeschirr serviert.
Die Ausstattung ist in den meisten dieser Häuser sehr ähnlich: Es gibt immer Sitzplätze direkt an der Theke, von wo aus man bei der Kaffeezubereitung zuschauen kann. In Kissaten wird der Kaffee stets frisch vom Meister oder der Meisterin zubereitet. Häufig werden die Kaffeebohnen frisch gemahlen und der Kaffee wird mit der von Hand gegossenen Tropfenbrühtechnik zubereitet. Es gibt Geschäfte, wo der Kaffee sogar selbst geröstet wird, andere importieren ihn aus ausgewählten Ländern der ganzen Welt. Genau diese Sorgfalt in der Auswahl und der Zubereitung ist es, die die Atmosphäre im Kissaten so besonders machen. Klassische Jazz-Musik, die leise im Hintergrund spielt, sorgt für ein beruhigendes Ambiente, welches die Kunden zum Entspannen anregen soll.
Weitere Besonderheiten sind, dass fast immer Lesematerial zur Verfügung gestellt wird. Seien es Zeitungen, Magazine oder auch Manga, die Besitzer stellen eine kleine Auswahl zusammen, damit die Kund*innen nach Belieben lesen können, während sie ihren Kaffee trinken. Im Gegensatz zu moderne Cafés, die meist geradlinig und hell gestaltet sind, besitzen Kissaten eher verwinkelte Raume, viele alte Möbel und Dekoration und teilweise auch dunklere Ecken. In manchen dieser Cafés ist außerdem das Rauchen noch erlaubt.
Kissaten werden im Volksmund oft als „der dritte Ort“ bezeichnet. Es ist weder das zu Hause, noch die Arbeit, aber ein Ort, an dem man gerne Zeit verbringt und sich wohlfühlen kann. Gastfreundschaft und ein harmonisches Miteinander spürt man hier sofort. In vielen Geschäften ist der Besitzer den ganzen Tag vor Ort und kommt gerne mit seinen Gästen ins Gespräch. Die Kaffeehäuser werden oft von Stammgästen besucht, allerdings zieht der nostalgische Retro-Stil auch die jüngere Generation in die Läden.
Wer sich weiter in das Thema einlesen möchte, die Japan Times, Japans größte englischsprachige Tageszeitung, hat mehrere Artikel zu den Themen japanische Kaffeekultur auf ihrer offiziellen Webseite veröffentlicht.
Das Menü in einem Kissaten
Das Angebot an Getränken und Speisen ist meist sehr klassisch und stets mit einer großen Auswahl an verschiedenen Kaffeesorten. Zur Wahl stehen neben dem beliebten Drip-Coffee auch Heißgetränke wie Café au Lait, Tee oder heiße Schokolade, sowie Erfrischungsgetränke. Im Sommer werden die Getränke meistens auch als gekühlte Variante angeboten. Die Auswahl an Speisen reicht von einfachem Toast über Sandwiches bis hin zu Suppen, Pasta oder Reisgerichten.
Kissaten sind in der Regel von 08:00 bis 18:00 geöffnet und meistens werden über den Tag verteilt verschiedene preisgünstige Menüs angeboten. Die Zeiten und Preise hängen dabei von Geschäft und auch der Lage ab. Frühstücksets werden in der Regel ab Öffnung bis kurz vor Mittag angeboten. Für durchschnittlich ¥500 (ca. 4,10 Euro) kann man beispielsweise eine dick geschnittene Scheibe Toast mit Butter oder Marmelade, ein gekochtes Ei und einen Kaffee genießen.
In vielen Kissaten werden auch Mittagsmenüs angeboten. Neben einem Set, welches meistens ein Snack in Form eines Sandwiches oder Pasta und ein Getränk enthält, bietet einige Geschäfte auch Teishoku an. Teishoku bezeichnet ein festes Menü, bei dem alle Gänge zusammen als Set serviert werden. Es beinhaltet üblicherweise ein Hauptgericht, Reis, Misosuppe, eingelegtes Gemüse und ein Getränk. Die Preise variieren je nach Geschäft und Angebot, aber oftmals bekommt man ein Mittags-Set für unter ¥1.000 (ca. 8,10 Euro). Nachmittags bieten viele Geschäfte zudem Kuchen-Sets an. Diese bestehen aus einem Heißgetränk und je nach Angebot aus tagesfrischem Kuchen oder einer anderen Dessertvariante.
Das Kissaten ist der ideale Ort, die japanische Kaffeekultur in einer unverwechselbaren Atmosphäre kennenzulernen. Wer doch lieber Tee als Kaffee trinkt, findet in diesem Artikel interessante Informationen über Tee aus Shizuoka, einem bekannten Anbaugebiet für Grüntee in Japan.